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ENTWURF zum EU-Lieferkettengesetz

Stellungnahme des Herstellerverband Haus & Garten e.V. zu dem Berichtsentwurf des Europäischen Parlaments zum EU-Lieferkettengesetz vom 7.11.2022 

Am 7. November 2022 wurde der Berichtsentwurf des Europäischen Parlaments über das EU-Lieferkettengesetz veröffentlicht, der nach seiner Annahme die Grundlage für die interinstitutionellen Verhandlungen („Triloge“) mit der Europäischen Kommission und dem Rat bilden wird. Der Berichtsentwurf sieht umfangreiche Änderungen vor und verschärft den Richtlinien Entwurf der Europäischen Kommission vom 23. Februar 2022 in vielen Aspekten deutlich. 

Der Herstellerverband Haus & Garten e.V. unterstützt das Vorhaben eines einheitlichen Lieferkettengesetzes in der EU. Dies mit der Zielsetzung, dass das Zusammenwirken von großen Unternehmen und KMUs mehr Klarheit gewährleistet und die aktuell willkürlich scheinende Weitergabe der Pflichten im Rahmen des nationalen Lieferkettengesetzes beendet. Auch versprechen wir uns hierdurch eine Vermeidung der Fragmentierung von Sorgfaltspflichten auf dem Binnenmarkt, da nur einheitliche Vorgaben Rechtssicherheit für alle Produzenten, sowie ein „level playing field“ begründen. Aus Sicht des Herstellerverbandes Haus & Garten e.V. vermag der aktuelle Berichtsentwurf des EU-Parlaments jedoch nicht zu überzeugen. Die vorgesehenen Anforderungen sind für viele kleine und mittelständische Unternehmen nicht umsetzbar und gefährden die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen. Ebenso wäre es für einheitliche Regeln auf dem gesamten europäischen Markt notwendig, statt einer Richtlinie eine Verordnung zu erlassen. 

Unsere Kritik gründet insbesondere auf den folgenden Punkten: 

  • Ausdehnung des Schutzes auf KMUs (Artikel 2 Abs. 1 – Änderungsanträge 51-61) 

Die mit den Änderungsvorschlägen 51-61 vorgesehenen Anpassungen des Anwendungsbereichs des EU-Lieferkettengesetzes auf KMUs ab 250 Beschäftigten und einem weltweiten Jahresumsatz von 40 Mio. € (Änderungsvorschlag 51) respektive Unternehmen mit 50 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von weltweit mind. 8 Mio. € sowie einem Anteil von mindestens 30 % erwirtschaftet in einer „Hochrisikobranche“ (Änderungsvorschläge 52-61), unterstützen wir nur bedingt. 

Eine Einbeziehung der KMUs erfolgt aktuell im Rahmen des nationalen Lieferkettengesetzes mittelbar, durch eine uneinheitliche und pauschale Weitergabe von Informations- und Sorgfaltspflichten der unmittelbar betroffenen Händler und Unternehmen. Die Komplexität steigt für die KMUs aktuell insbesondere durch die Heterogenität des Pflichtenkanons gegenüber den Vorlieferanten. 

Die Ausdehnung des Anwendungsbereichs auf KMUs kann unsererseits nur mit dem Ziel unterstützt werden, dass die aktuell herrschende pauschale Weitergabe endet und die jeweiligen Pflichten angemessen entsprechend der Unternehmensgrößen verteilt werden. Ein KMU verfügt nicht über die Strukturen und personellen Ressourcen eines großen 2 

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Unternehmens. Der Umfang der Anforderungen muss folglich angemessen und leistbar sein und kann einheitlich für alle Unternehmensgrößen gelten. 

Sollten die KMUs in den Anwendungsbereich von Artikel 2 einbezogen werden, so bedarf es daher bei den Sorgfaltspflichten in Artikel 5 – 11 deutlich weitgehender und angemessenerer Abstufungen nach Unternehmensgröße. 

Die in Änderungsvorschlag 62 vorgesehene Anpassung der Definition der Beschäftigten sollte ebenso nicht übernommen werden. Eine Einbeziehung von Arbeitnehmern in externen Unternehmen, mit denen das Unternehmen eine vertikale Vereinbarung gegen Zahlung von Lizenzgebühren eingegangen ist, würde den Begriff des Beschäftigten unangemessen ausweiten

  • Berücksichtigung des 1,5 Grad Klimaziels sowie weiterer Klimaziele und Nachhaltigkeitsaspekte in der Strategie der Unternehmen (Änderungsanträge 166-170 zur Änderung von Art. 15) 

Ziel des EU-Lieferkettengesetzes ist es, dass Unternehmen negativen Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeiten auf Menschenrechte und Umwelt in der Wertschöpfungskette entgegentreten mit Hilfe ihnen obliegender Sorgfaltspflichten. Der Fokus lag ursprünglich insbesondere auf den Menschenrechtsstandards. 

Bereits die Aufnahme der klima- und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten im ursprünglichen Entwurf der EU-Kommission stellte eine Verschärfung gegenüber dem nationalen Lieferkettengesetz in Deutschland dar. 

Die nunmehr mit den Änderungsanträgen 166 – 170 vorgesehenen Anpassungen verschärfen dies erneut drastisch. So sollen Geschäftsmodell und Unternehmensstrategie fortan nicht nur mit dem 1,5 Grad Ziel vereinbar sein, sondern nach Änderungsantrag 166 gar ein Plan zur Umsetzung der dort genannten Ziele festgelegt und dabei auch u.a. die Umsetzung der Klimaneutralität bis 2050 und der Klimaziele für 2030 berücksichtigt werden. 

Der Änderungsantrag 167 sieht zudem die Aufnahme kurz-, mittel- und langfristiger Nachhaltigkeitsziele zur Ausrichtung auf das 1,5 Grad Szenario, ihren Risiken und Auswirkungen in der Unternehmensstrategie vor. 

Von diesen Unternehmensplänen soll dem Berichtsentwurf folgend auch die Vergütung der Unternehmensleitung abhängen. 

Diese Anforderungen gehen zu weit und sind von keinem KMU in Gänze leistbar. Insbesondere die Umsetzung der Vorgaben des 1,5 Grad Klimaziels sind im Rahmen der Unternehmensstrategie und des Geschäftsmodells, aufgrund mangelnder Angebote im Bereich erneuerbarer Energien, für energieintensive Produktionen pauschal nicht möglich. Auch finanziell ist es vielen Unternehmen aktuell nicht möglich, neben der Bewältigung der Rohstoff-, Corona- und Energiekrisen weitere finanzielle Mittel für eine erneute Anpassung der Unternehmensstrategie zur Seite zu legen. 

Wir werben daher dafür, die Anforderungen zumindest auf das Maß des ursprünglichen Entwurfs der Europäischen Kommission zurückzuführen und die Änderungsvorschläge 166-170 zu streichen.

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  • Zivilrechtliche Haftung (Änderungsvorschläge 197 und 201) sowie Beweislastumkehr für Betroffene (Änderungsvorschlag 43 zur Anpassung von Erwägungsgrund 58) 

Der Berichtsentwurf sieht mit Änderungsvorschlag 43 eine Beweislastumkehr zulasten der Unternehmen vor, wenn der Kläger Gründe vorträgt, die die Wahrscheinlichkeit einer Haftung des Unternehmens durch einen Verstoß gegen das EU-Lieferkettengesetz belegen. Der ursprüngliche Entwurf der EU-Kommission hat keine finale Regel zur Beweislast enthalten und die Frage dem Umsetzungsspielraum der Mitgliedsstaaten überlassen. 

Diese Beweislastumkehr ist abzulehnen. Es sollte entsprechend der nationalen Regeln bei der regulären Beweislast des Klägers verbleiben. Mit Blick auf die umfangreichen Befugnisse der Aufsichtsbehörden und der einzurichtenden Meldestelle in den nationalen Aufsichtsbehörden besteht auch keine Notwendigkeit dem Kläger, aufgrund fehlenden Wissens oder fehlender Unterlagen, eine Beweiserleichterung zu gewähren. Potenzielle Geschädigte könnten mit Hilfe der Behörden durch Durchsuchungen oder Herausgabeersuchen an Informationen gelangen. 

Der Änderungsvorschlag 197 sieht darüber hinaus eine Anpassung von Artikel 22 vor. Artikel 22 des Entwurfs der EU-Kommission begründet eine zivilrechtliche Haftung der Unternehmen bei Verstößen gegen die Sorgfaltspflichten in Art. 7 und Art. 8 des Richtlinienentwurfs, die bereits im Falle eines fahrlässigen Verstoßes gegen die Sorgfaltspflichten greifen würde. 

Mit Änderungsvorschlag 197 sollen die Mitgliedsstaaten sicherstellen, dass Unternehmen für Schäden haften, die das Unternehmen oder ein unter seiner Kontrolle stehendes Unternehmen verursacht oder zu Ihnen beigetragen hat, die ermittelt, vermieden, abgeschwächt, beendet, behoben oder durch angemessen Maßnahmen nach dieser Richtlinie minimiert hätten werden müssen und zu Schaden geführt haben. 

Eine zivilrechtliche Haftung und damit Artikel 22 sollte in Gänze gestrichen werden, insbesondere da der ursprüngliche Entwurf in Art. 20 bereits Bußgelder und Sanktionen der jeweiligen Mitgliedsstaaten vorsieht. Sollte die zivilrechtliche Haftung im Richtlinienentwurf erhalten bleiben, muss eine Safe-Harbour Regelung aufgenommen werden. Unternehmen, die etwa Zertifizierungen oder weitere offizielle Nachweise zur Einhaltung der Vorgaben des EU-Lieferkettengesetzes einholen, sollten lediglich für Vorsatz haften. Eine fahrlässige Haftung sollte gestrichen werden. Maßstab für einen Schadenersatzanspruch muss das eigene Verschulden und Tun des jeweiligen Unternehmens sein. Eine Haftung für das Handeln direkter und indirekter Zulieferer gilt es zu vermeiden. 

  • Fehlende Beschränkung auf direkte Zulieferer 

Notwendig ist es, dass die aus dem EU-Lieferkettengesetz resultierenden Sorgfaltspflichten auf die direkten Zulieferer limitiert werden. Einer Einbeziehung auch indirekter Zulieferer widersprechen wir. Gerade den KMUs ist es nicht zumutbar sämtliche Zulieferer entlang der Wertschöpfungskette einzubeziehen. Sorgfaltspflichten festzulegen und bei den Zulieferern Ihrer direkten Zulieferer durchzuführen. 

Wir werben daher für eine Anpassung des EU-Lieferkettengesetzes und eine Begrenzung der Wertschöpfungskette in Art. 3 auf direkte Zulieferer und die Streichung der indirekten Zulieferer.

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  • Fehlende Anerkennung von Branchenstandards 

Weder der Entwurf der EU-Kommission noch der Berichtsentwurf des Europäischen Parlaments sehen die Anerkennung von Branchenstandards vor. Branchenstandards sind ein sinnvolles Instrument für einheitliche Regeln in der jeweiligen Branche und zur Eindämmung der bürokratischen Hürden für die einzelnen Unternehmen. 

Wir werben daher für die Anerkennung solcher Branchenstandards im Rahmen der Sorgfaltspflichten der Unternehmen. 

  • Fehlende Klarstellung zur Wahrung von Geschäftsgeheimnissen 

Sowohl der Entwurf der EU-Kommission als auch der Berichtsentwurf des Europäischen Parlaments wahren das Geschäftsgeheimnis nicht in ausreichendem Maß. Durch die konkrete Benennung von Lieferanten und Produktionsstellen gegenüber den Geschäftspartnern würden diese offengelegt. Die Produktionsstätten in Fernost machen für viele Hersteller den Kern ihres Geschäftsmodelles aus. Oftmals stehen die Abnehmer sogar im Wettbewerb beim Import aus Fernost. Eine Offenlegung könnte zu strukturellen Veränderungen im B2B Sektor führen und Unternehmen hierdurch zum Direkteinkauf übergehen. 

Wir werben daher für die Aufnahme der Wahrung des Geschäftsgeheimnisses im Rahmen der Sorgfaltspflichten in Artikel 5-11. Unternehmen dürften nicht zur Offenlegung Ihrer Produktionsstätten und Lieferanten gezwungen werden. Sinnvoll wäre es daher, einen staatlich beauftragten Dritten in die konkrete Prüfung einzubeziehen an Stelle der direkten Offenlegung gegenüber den Vertragspartnern. 

Hier können Sie sich die gesamte Pressemeldung als PDF-Dokument herunterladen: Stellungnahme zum EU-Lieferkettengesetz